Baubeschreibung
zu 1.11 Heizungsanlage = Temperieranlage


Das wohltemperierte Haus

Die hier vorgestellte "Heizung" wird als Temperierung bezeichnet.
Im Prinzip handelt es sich um eine Warmwasserheizung vergleichbar mit der Fußbodenheizung im Niedertemperaturbereich (25 - 40° C). Kupferrohre werden in der gesamten Außenwand des Hauses in einer zusätzlichen 10 cm dicken Innenwandschale (z.B. aus Vollgips) Raum für Raum verlegt und sorgen für eine gleichmäßige Wärmeabstrahlung. Während bei herkömmlichen Konvektor- bzw. Radiatorheizungssystemen in erster Linie die Luft durch Umwälzung (Konvektion) erwärmt wird und nur ein geringer Wärmeanteil von den Heizkörpern abgestrahlt wird, ist die Wirkungsweise der Temperieranlage ähnlich der des bekannten Kachelofens oder - um tief in die Geschichte zurückzugehen - der Hypokaustenheizung der Römer (Warmluftsystem über Kanäle in Fußboden und Wänden).
Die Temperierung wird - wie andere Heizungsanlagen auch - mit Sonnenenergie, Öl, Gas, Holz oder anderen Brennstoffen betrieben.

römische Hypokausten; 39KDas nebenstehende Foto entstand auf einer Romreise im Jahr 2000.

Hypokaustenanlage im Ausgrabungsgebiet des antiken Ostia.
Das Foto zeigt die Wandecke eines römischen Bades.

Im Bild sieht man unterhalb der weissen Marmortafel zwischen der tragenden Ziegelwand und der Marmorverkleidung senkrecht verlaufende Tonröhren [lat. tubuli], durch die ursprünglich heißer Wasserdampf geleitet wurde. Die Wände wurden somit erwärmt und ergaben über Wärmestrahlung die für ein Bad angenehme Temperatur.

Physikalische Erläuterungen
Der Mensch strahlt nicht nur Wärme ab, er empfängt auch Wärmestrahlungen aus der Umgebung. Sein Körper nimmt Strahlungswärme gern auf. Es entsteht ein ausgesprochenes Wohlbefinden, wenn die nötige Wärme dem Körper durch Strahlung zugeführt wird und die Luft kühl genug ist, um einen Wärmestau zu verhüten, (Winterliche Besonnung im Hochgebirge, "Tanken" von Sonnenwärme) kann die Wärmeabstrahlung des Körpers vorübergehend bis auf Null sinken. Ist die zugeführte Wärme dagegen an Luft gebunden, so wird sie weniger vertragen. Warmfeuchte Luft, die eine Abkühlung des Körpers durch Verdunstung von Schweiß behindert, wird als ermüdend und unbehaglich empfunden. Ein physiologisch günstiges Raumklima wird dem Menschen dann geboten, wenn die Raumflächen hohe Oberflächentemperaturen aufweisen (etwa um 17°C), die Luft selbst kühl ist und ein optimales Strahlungsgleichgewicht mit Hilfe zusätzlicher Strahlungswärme erzielt wird. Unter diesen Bedingungen kann auch der geschlossene Raum reichlich gelüftet werden, ohne daß unerwünschte Abkühlungen eintreten. Ist die Wärme an die Luft selbst gebunden, die ihrerseits erst die Raumflächen langsam erwärmen muß, so bedeutet jedes Lüften einen fühlbaren Wärmeverlust und ein Strahlungsgleichgewicht ist nicht erreichbar.
Auszug aus: Eichler, Bauphysik

An dieser Stelle gestehe ich als Architekt, daß ich jahrzehntelang gedankenlos veraltete Heizungstechnik mitgeplant und angewandt habe. Nach einer Phase der Skepsis habe ich schließlich die Überzeugung gewonnen: Die Temperierung der Außenwände von Gebäuden ist eine einfache wie geniale Technik. Es gibt nichts besseres!
Deshalb gilt für mich seit 1996: ab jetzt nur noch Temperierung. Mittlerweile wird diese Methode immer bekannter und wird nicht mehr nur im Denkmalbereich sondern auch im Wohnungsbau eingesetzt. Die Akzeptanz der Bewohner ist beeindruckend. Alle beschreiben ihre Eindrücke ähnlich: man merkt nicht, daß geheizt wird. Das Raumklima wird als behaglich empfunden. Die Luft hat eine angenehme Frische. Die üblichen Erkältungen bei den Kindern sind erfreulicherweise ausgeblieben.

Thermometer (die gebräuchlichen messen nur die Lufttemperatur) sollte man eigentlich abschaffen und sich lieber auf seine eigenen Empfindungen verlassen.

 

Antike Bauweise:

Schematischer Aufbau einer römischen Hypokaustenheizung

- heisse Rauchgase steigen in den Wandkanälen hoch -

Hypokausten [griech., »Unterfeuerung«]: eine Form der Zentralheizung, bei der die an der zentralen Feuerstelle erzeugten Heizgase durch ein Kanalsystem unter den Fußböden oder hinter den Wänden der Wohnräume, vor allem aber in Thermen abzogen.
Nachweisbar sind H. seit dem 1. Jh. v. u. Z.; in die vorher nur durch Kohlebecken beheizten Stabianer Thermen in Pompeji wurden sie nachträglich eingebaut. Als Erfinder gilt Sergius Orata um 80 v. u. Z., der H. für Fischzuchtanlagen benutzte.
Quelle: Lexikon der Antike. Digitale Bibliothek Bd. 18 - (c) Directmedia 2000

 

Rohbau Temperierung; 17K  

Heutige Bauweise:

Die Temperierung als wegweisende Gebäudeerwärmung

Wandecke mit eingebetteten Temperierleitungen im Rohbau

Die Aussenwände des wohltemperierten Hauses sind mit einer Vollgipswand, d = 10 cm auf der Rauminnenseite ausgestattet. Dahinter liegt die Wärmedämmung.

Siehe auch im nebenstehenden Wandschnitt A - B (Standard)

Die Gipswand ist hygroskopisch, d.h. sie nimmt gern Wasserdampf auf und wirkt ausgleichend auf die Luftfeuchtgkeit.
In diese Gipsvorsatzschale werden die Temperierleitungen eingebettet. Dazu werden die Wände entsprechend geschlitzt bzw. aufgefräst und die Leitungen hineingelegt. Anschliessend werden die Schlitze wieder verputzt. Die Leitungen liegen ca. 5 - 10 mm hinter der Oberfläche. Nach wenigen Stunden Aufheizzeit werden die Wandoberflächen gleichmässig warm und strahlen nun die Wärme in den Raum.
Damit die Ausbreitung der Wärmestrahlung möglichst ungestört und hindernisfrei erfolgen kann, sollten daher Regale oder Schränke an den nicht beheizten Innenwänden angeordnet werden, Bei großen Verglasungsflächen z.B. Terrassenfenstern wird ein entsprechender Bereich vor den Glaselementen mit Fußboden- und/oder Deckenheizung ausgelegt.

Um gefahrlos Haken, Nägel und Dübel in die Wand schlagen zu können, werden wir Ihnen je nach Wandaufbau zum Einzug einen Metalldetektor oder eine Thermofolie überreichen. Mit diesem Hilfsmittel schützen Sie sich auf einfache Weise vor Leckagen.

 

Ansicht Wohnraum; 11K    
Wohnen ohne Heizkörper    

Die Wärmestrahlungsheizung ist die gesündeste und behaglichste aller Heizungssysteme. (siehe auch Wärmeverträglichkeit des menschlichen Körpers)

Die Vorzüge:

  • Niedrige Heiztemperaturen führen zu niedrigen Energiekosten (ca. 10% Einsparung im Jahr gegenüber herkömmlichen Heizsystemen)
  • keine Heizkörper bedeuten mehr Stellfläche
  • frische Luft und wohlige Wärme schon bei 18 - 19° C Raumtemperatur; Lüften führt nicht zur Auskühlung
  • auch hohe Räume werden angenehm warm
  • warme und trockene Wände
  • normale Luftionisation (beeinflußt positiv die Widerstandskräfte des Körpers)
  • frei von allergenen Nebenwirkungen

Beeinträchtigungen, die Sie vielleicht bisher gewohnt sind, brauchen Sie mit der Temperierung nicht mehr zu fürchten:

  • keine Austrocknung der Luft und damit der Schleimhäute
  • keine Wärmebrücken bei Heizkörpernischen, denn die können entfallen
  • keine spürbaren Wärmeverluste beim Lüften, da die Strahlungsintensität unverändert bleibt
  • keine Staubverwirbelung und -anhaftung an den Wänden, Gardinen etc.
  • keine vergrauten Tapeten
  • keine Geruchsbelästigung durch überhitzte Staubteilchen (Verschwelung)
  • keine kalten Außenwände
  • schlechte Luftionisation (beeinträchtigt die Widerstandskräfte des Körpers)
  • häufiger Erkältungskrankheiten der oberen Atemwege

> Der größte Vorteil: alle Außenwandbauteile werden durch die Temperierung warm und trocken gehalten.
> Dadurch kommt es in der Wandkonstruktion weder zu Tauwasser- noch zur Schimmelpilzbildung.

> Niedrige Heiztemperaturen führen naturgemäß zu niedrigen Energiekosten.
Die Mehrkosten bei der Installation der Temperieranlage mit Hinzunahme der Fußbodenheizung liegen etwa bei 10%, gegenüber einer herkömmlichen Heizungsanlage mit Heizkörpern. Diese Mehrkosten werden bereits in wenigen Jahren durch Brennstoffeinsparung wieder ausgeglichen.

Die Temperiermethode hat sich bewährt. Sie ist die Heiztechnik der Zukunft und ist ausserdem bestens für den Einsatz von umweltfreundlichen Energien geeignet. Es gibt vom Bundesverband Flächenheizungen e.V. Richtlinien und Hinweise auf genormte Systeme und Verlegevorschriften für die Wand- und Fußbodenheizungsysteme.



Das wohltemperierte Haus

Klaus Roggel, Architekt

letztes Update 12. August 2003

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